Schlaraffia

Über den Weltbund Schlaraffia   

 

Die Schlaraffia wurde 1859 in Prag gegründet, und zwar überwiegend von Mitgliedern des Prager Theaters. Sie schufen einen Männerbund besonderer Eigenart, der sich der Freundschaft, dem Humor und der Kunst verschrieb.

 

Eine zeitkritische Einstellung bestimmte die Formen in dieser Vereinigung: Man persifliert eine Klassengesellschaft derart, dass die Angehörigen des „Reyches“ (Bezeichnung für den schlaraffischen Verein) verschiedenen Ständen zugeordnet werden (Knappe, Junker, Ritter), die an verschiedenen Tischen sitzen und für die unterschiedlichen Verhaltensregeln gelten. Würdenträger üben in den „Sippungen“ (so werden die abendlichen Zusammenkünfte genannt) bestimmte Funktionen aus und werden mit bombastischen Titeln angeredet.

 

Wer die „Burg“ (Vereinsheim) betritt, hat die „profane Welt“ verlassen und sich in das Land der Schlaraffen begeben. Hier spricht man sich ebenso wenig mit bürgerlichen Namen an wie mit den Anreden „Sie“ oder „Du“.

 

Der Knappe  trägt eine Nummer, der Junker seinen Vornamen, der Ritter aber einen scherzhaften Namen, den er sich beim „Ritterschlag“ aus drei Vorschlägen wählen konnte. Gespräche oder Äußerungen über politische oder religiöse Angelegenheiten sind in den Sippungen untersagt. Versuche, über die Schlaraffia berufliche oder geschäftliche Vorteile zu verschaffen, werden übelgenommen.

 

Die Verhältnisse in Prag während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts haben Wirkungen auf die Schlaraffia gehabt, die sich noch heute zeigen: Noch immer gilt die damalige Regelung, dass in der Schlaraffia ausschließlich deutsch gesprochen wird (teilweise in einer altertümelden Weise oder mit spezifisch schlaraffischen Ausdrücken).

 

Das deutschsprachige Ständetheater in Prag ging zugrunde und die darum abwandernden Künstler gründeten an ihren jeweiligen Wohnsitzen weitere Schlaraffenreyche. Im Jahr 1996 wurden 251 Reyche in aller Welt mit 10.799 Mitgliedern gezählt. Ohne Rücksicht auf Staats- und Volkszugehörigkeit der Mitglieder wird überall nur und ausschließlich deutsch gesprochen und in gleicher Form „gesippt“.

 

Die „Rüstung“ genannte Bekleidung der Schlaraffen mutet mehr oder weniger karnevalistisch an. Jedes Reych hat seine besondere Rüstung, in der sich auch die Stände unterscheiden. Sie wird selbst bei den internen Trauerfeiern angelegt.

 

Jeder Schlaraffe kann in der Sippung nach Belieben Beiträge zu ihrer Gestaltung anmelden. Manche humorvollen Vorträge von der „Rostra“ (Rednerpult) mögen an Büttenreden erinnern, allgemein gehören ernste oder heitere Rezitationen, musikalische Darbietungen und das vortragen selbstverfasster Texte in Prosa oder gebundener Sprache in die Sippung.

 

Seit 1925 existiert die „Schlaraffia Waterkant“ e. V. in Bremerhaven, mit zehnjähriger Unterbrechung von 1937 an, als sich der Bund „Deutsche Schlaraffia e. V.“ zur Vermeidung eines Verbotes auflöste, bis 1947 als die „Schlaraffia Waterkant“ mit Genehmigung der amerikanischen Militärregierung wieder auflebte.

 

Nach dem zweiten Weltkrieg wurden im nördlichen Niedersachsen folgende Ortsvereine der Schlaraffia gegründet, die 1937 nicht bestanden haben: Verden (1949), Celle (1960), Wilhelmshaven (1968), Lüneburg (1969), Nordenham (1971), Stade (1986) und Varel (1994). Das dürfte ein Zeichen dafür sein, dass die aus der seinerzeitigen gesellschaftlichen Situation entstandene Schlaraffia ihren ursprünglichen Charakter bewahren und damit weiterbestehen kann.

 

Das Symbol der Schlaraffen ist der UHU. Er verkörpert die Klugheit. Viele Schlaraffen führen ihn als Aufkleber an ihrem PKW.

 

Der Leitspruch der Schlaraffen lautet „In Arte Voluptas“  (für Nichtlateiner: In der Kunst liegt Vergnügen).

 

 

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